7 Mal hinfallen, 8 Mal aufstehen

Thomas Köhler während seines Vortrags.

Thomas Köhler während seines Vortrags.

Es waren hochsommerliche 32 Grad und trotzdem kamen die Zuschauer in Scharen. Der Saal im Zentrum Karl der Grosse gleich neben dem pittoresken Zürcher Grossmünster war gerappelt voll.

Die Schweizerisch-Japanische Gesellschaft hatte ihre Mitglieder zu einem Abend mit Thomas Köhler geladen. Er enttäuschte sie nicht. Über eine Stunde lange erzählte der Winterthurer von seinem inspirierenden Fussmarsch durch Japan, nur wenige Monate nach dem verheerenden Tsunami.

Mit einer Fülle an Bildern liess er die Zuschauer an der Reise seines Lebens teilhaben. Interessante Zahlen & Fakten führten einem die immense Anstrengung und die Grösse Japans vor Augen. «Die Sperrzone in Fukushima ist 30 Kilometer. So viel legte ich ungefähr während einem Tag zurück. 5 Monate machte ich das. Sie sehen, Japan ist etwas grösser als Fukushima», bemerkte er.

Unzählige Anekdoten

Schliesslich waren es die Anekdoten, die Köhlers Vortrag zu einer Offenbarung werden liessen. Er erzählte von den unzähligen Begegnungen auf seiner Reise, wie mit dem Velofahrer in Hokkaido, der ihm spontan 1000 Yen in die Hand drückte, den Kinder, die richtiggehend über die Schweiz informiert waren oder dem Tempel-Priester, der sich fasziniert von Thomas‘ Reiseberichten zeigte.

Er erzählte auch von der anderen Seite des Lebens, wie das bleibende Gespräch mit dem Lastwagenfahrer, dem nach dem Tsunami die schwierige Aufgabe zukam, die Särge im Katastrophengebiet abzutransportieren oder seine persönlichen Eindrücken als freiwilliger Helfer in der Küstenregion, die vom Tsunami heimgesucht worden war.

Der bleibende Eindruck

Köhler zeigte Bilder, die so von Japan kaum zu sehen sind. Die grossartige Natur, die kleinen Dörfer auf dem Land und immer wieder die Lebensfreude und Gastfreundschaft der Japaner. Am Strassenrand empfingen sie ihn, ein ganzes Dorf machte ihm gar den Hof.

Der bleibende Eindruck des Abends war jedoch die Faszination für einen Mann, der nach dem Tsunami seine Arbeit als Reisefachmann für Japan, ja seinen Lebensinhalt verlor und trotzdem nicht aufgab, sich wieder aufrappelte und mit einer simplen wie genialen Idee zeigte, dass jeder Einzelne auf dieser Welt etwas bewirken kann.

Mit dem Sprichwort «7 Mal umfallen, 8 Mal aufstehen» umschrieb Japans Tourismuschef Hiroshi Mizohata im Februar 2012 diesen unbändigen Willen des Schweizers treffend.

Für Japan

Am Ende des Vortrags zeigte Thomas Köhler einen kurzen Ausschnitt eines Fernsehbeitrag, den er einen Tag vor seiner Zielankunft in Kap Sata auf Kyushu, sah. Es zeigte die Rettungsaktion einer Familie mit Kindern, die auf einem Objekt im Tsunami-Strom gestrandet war. Zwei Männer retteten der Familie das Leben, indem sie in der klirrenden Kälte keinen Rettungsversuch unversucht liessen.

«Ans Aufgeben hatte ich damals keinen Moment gedacht», rekapitulierte einer der Retter im Fernsehbeitrag. «Es sind solche Geschichten, die mir immer wieder klar machten, weshalb und für wen ich diese Reise trotz aller Anstrengungen bis zum Ende durchziehen wollte: für die Menschen in Japan», schloss Thomas Köhler sichtlich bewegt.